Kongenitale Kyphose

KYPHOSEN: Kongenitale Kyphose
Definition

Bei der kongenitalen Kyphose handelt es sich um eine Verkrümmung der Wirbelsäule in der seitlichen, der sog. sagittalen Ebene. Ihre Ursache sind angeborene Fehlbildungen einzelner Wirbel, Wirbelsegmente oder sogar ganzer Wirbelsäulenabschnitte. In absteigender Häufigkeit sind der Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule, die Brust- oder die Lendenwirbelsäule und letztlich die Halswirbelsäule betroffen.

Ursache und Häufigkeiten
Fehlgeleitete Entwicklungsprozesse in der Embryonalphase verursachen Formations- und/oder Segmentationsstörungen. Die entstandenen Wirbelanomalien können, abhängig von Form und Ausmaß, das Wirbelsäulenwachstum in eine ungünstige Richtung lenken. Bei der kongenitalen Kyphose bedeutet dies oft ein verkümmertes Wachstum ventraler Strukturen der Wirbelsäule und ein dazu überproportional verstärktes Wachstum dorsaler (hinterer) Wirbelsäulenstrukturen. Das Ungleichgewicht führt bei Zunahme zum äußeren Bild der kongenitalen Kyphose. Die kongenitale Kyphose gilt als sehr seltene Erkrankung.

Mögliche Beschwerden & Symptome
Die Kyphosierung führt zu einer Buckelbildung. Diese kann langfristig zu Schmerzen im Haut- und Kontaktbereich, insbesondere beim Sitzen und Liegen führen. Da die restliche Wirbelsäule stets bemüht ist, den nicht-physiologischen Kyphoseabschnitt im gesunden Abschnitt auszugleichen, um weiterhin einen aufrechten Gang zu ermöglichen, kann es langfristig zu Ermüdung und Überdehnung der Muskulatur sowie andererseits zu Kontrakturen von Bändern und Fehlbelastungen von Gelenken und Bandscheiben kommen. Gefahr besteht, wenn im Bereich der Kyphose durch ständigen Druck auf das Rückenmark chronische Umbauprozesse und letztendlich Nervenschäden eingeleitet werden (s. Abb.9.2 , MRT). Letztere können unbehandelt zu Funktionsausfällen und Lähmungen führen.

Konservative Behandlung
Physiotherapeutische Maßnahmen und Muskeltraining dienen dem Erhalt von Form und Funktion und einer besseren Bewältigung der Folgen einer Kyphose. Die Anwendung der Korsett-Behandlung bei Kyphosen ist wenig erfolgreich und kommt nur in Einzelfällen zum Einsatz. Patienten im höheren Alter mit Beschwerden als Folge von Kyphosen können von konservativen rehabilitativen Maßnahmen profitieren.

Operative Therapie
Kyphosen, insbesondere progressive Kyphosen, stellen insbesondere beim jungen Patienten eine Indikation zur Operation dar. Es handelt sich hierbei um technisch aufwendige Eingriffe, welche über einen dorsalen Zugang (von hinten) oder über einen kombiniert dorsalen und ventralen Zugang umgesetzt werden können. Zentrum einer solchen Korrekturoperation ist die Resektion des kyphotischen Wirbelsäulenabschnitts, z.B. eines oder mehrerer angeborener Keilwirbel oder Halbwirbel, und die Korrektur über in die anliegenden Wirbel eingebrachter Schrauben, welche mit Stäben verbunden werden. Der entfernte Wirbel kann dann durch einen kleinen Metallkäfig ersetzt werden und bietet der Wirbelsäule gemeinsam mit dem eingebrachten Pedikelschrauben-Stab- Konstrukt aus Titan eine gute Stabilität (Korrekturspondylodese). Ein Beispiel einer solchen Korrekturspondylodese mit Resektion mehrere Wirbel ist in Abb. 9.2 dargestellt. Das Korrekturprinzip erläutert die Abb. 9.1.

Abb. 9.1: Korrekturprinzip bei kongenitaler Kyphose (links). Instrumentation und Stabilisierung der Deformität, Resektion kyphotischer Abschnitte (Bildmitte), Korrektur der Kyphose und Ersatz der resezierten Wirbelsäulenareale durch ein Titankörbchen oder –Käfig
Abb. 9.2: Beispiel der Korrektur einer kongenitalen Kyphose: Röntgenbild (links), MRT-Untersuchung zur Darstellung von Rückenmark in Relation zum Kyphosescheitel, CT-Untersuchung und 3D-Rekonstruktion zur optimierten Darstellung der Deformität. Postoperative Korrektur der Kyphose und Ersatz der resezierten Wirbelabschnitte durch einen Titankäfig.

Copyright © 2020 Prof. Dr. Heiko Koller, Wirbelsäulenchirurg

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